Zwei Kulturveranstaltungen des LOTSENPROJEKTS die brücke in der Schillerbibliothek haben das Interesse unserer Kolleg*innen und anderer Gäste geweckt: Wie schreibe ich meinen Namen mit kyrillischen und aramäischen Buchstaben? Das konnten wir bei den Workshops über Sprache und Kultur selber ausprobieren und mehr über die Geschichte der beiden Schriften erfahren. Dabei konnten wir sehen, wie sich neue Sprachen etablieren und auch, wie sie andere beeinflussen.
Mitte des 9. Jahrhunderts entsteht in Konstantinopel die kyrillische Schrift durch die Feder der byzantinischen Brüder Kyrill und Method, Gelehrte und Priester aus Thessaloniki. Diese Etablierung eines slawischen Alphabets war ein Missionsprojekt mit folgenden Zielen: Slawen in die Glaubenslehre des Christentums einzubeziehen, eine kulturelle Homogenität zu schaffen bzw. eine monotheistische Religion zu etablieren sowie die führende Rolle von Byzanz und der Oströmischen Kirche zu festigen. Doch das gelang der neuen Schrift nur sehr schwer, da sie der Papst zunächst nicht anerkennen wollte. Die fehlende Akzeptanz hat historische Wurzeln:
Bischof Isidor von Sevilla (6. Jh.) schreibt in seiner „Etymologie“, dass
„es drei heilige Sprachen gibt – die hebräische, die griechische und die lateinische, die am hellsten auf der ganzen Erde leuchten. In diesen drei Sprachen befahl Pilatus, die Inschrift auf dem Kreuz des Gottessohnes zu verfassen.“
Letztendlich setzt sich auch die kyrillische als vierte Schrift durch. Sie wird heute in mehr als zehn Ländern und auf zwei Kontinenten verwendet.
Die kyrillische Schrift fußt auf dem griechischen Kursivbrief und dem Althebräischen. Ein sogenannter Vorläufer des Hebräischen ist das Aramäische.
Aramäisch setzt sich als modernes Kommunikationsmittel durch: Von der Übernahme des Phönizischen Alphabets über die assyrische Reichssprache zur Lingua Franca des Nahen und Mittleren Ostens. Das Aramäische ist als Schriftsprache seit über 3000 Jahren nachgewiesen. Das aramäische Alphabet besaß nur 22 Buchstaben und man konnte es – anders als die akkadische Keilschrift, die mit Rohrgriffel in Tontäfelchen gedrückt wurde – mit Tinte auf Papyrus, Pergament und Leder schreiben.
Die aramäische bzw. syrische Schrift findet in einer ganzen Reihe anderer Sprachen Verwendung, am häufigsten im Arabischen. Ein sehr früher Einfluss der aramäischen Schrift ist nachgewiesen auf die Entstehung der sogenannten Kharoshti-Schrift in Nordwestindien im 5. Jh. v. Chr., wahrscheinlich beeinflusst von den aramäischen Schreibern, die im Gefolge der persischen Eroberungen nach Indien kamen. Im Reich des indischen Königs Ashoka (3. Jh. v. Chr.) gehörte Aramäisch zu den Sprachen, die sich auf den Edikt-Säulen Ashokas im Nordwesten Indiens finden.
|